News

Zugang einer qualifizierten Mahnung durch Hinterlegung in einem elektronischen Portal des Versicherers? -06.08.2020-

Versicherungsrecht

In einem vom OLG Dresden entschiedenen Fall (Urteil vom 12.05.2020 – Az.: 4 U 2047/19) verweigerte ein Versicherungsunternehmen die Zahlung aus einer Gebäudeversicherung, die aufgrund eines erheblichen Wasserschadens in Anspruch genommen wurde. Es begründete die Nichtzahlung mit einer Leistungsfreiheit gemäß § 38 Abs. 2 VVG.

Sachverhalt

Die klagende Versicherungsnehmerin zahlte eine zum 1. des Monates des Versicherungsjahres fällige Folgeprämie unstreitig nicht rechtzeitig. Das beklagte Versicherungsunternehmen veranlasste eine qualifizierte Mahnung mit Datum vom 17.02.2017. Die Klägerin bestritt den Zugang dieses Schreibens. Das qualifizierte Mahnschreiben stellte die Beklagte ebenfalls in ihr eigenes Maklerportal, auf das die von der Klägerin beauftragte Maklergesellschaft Zugriff hatte. Allerdings hinterlegte die Beklagte das Mahnschreiben lediglich in das Portal, ohne dass sich das Mahnschreiben ausdrücklich an den Makler richtete. Vorliegend wurde Direktinkasso und kein Maklerinkasso vereinbart.

Nach Ablauf der in der qualifizierten Mahnung gesetzten Frist trat am 24.07.2017 der Versicherungsfall ein. Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei gemäß § 38 Abs. 2 VVG von der Deckungspflicht frei geworden, da die Frist der Mahnung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits abgelaufen war.

Entscheidung 

Der Senat entschied unter anderem, dass die Beklagte nicht von ihrer Deckungspflicht frei geworden war. In seiner Begründung wies das erkennende Gericht darauf hin, dass der Zugang des qualifizierten Mahnschreibens nicht nachgewiesen wurde. Die Beklagte hat einen entsprechenden Beweis für den Zugang des Mahnschreibens bei der Versicherungsnehmerin, dass zudem an eine falsche Anschrift adressiert war, nicht angetretenen.

Zudem sei der Klägerin das Mahnschreiben nicht durch die Einstellung in das Maklerportal der Beklagten zugegangen. Zwar könne der beauftragte Versicherungsmakler auch Erklärungsgegner einer qualifizierten Mahnung sein. Dies setze allerdings voraus, dass sich das Versicherungsunternehmen zielgerichtet und unmittelbar an den Versicherungsmakler als Vertreter des Versicherungsnehmers wende. Daran soll es fehlen, wenn sich das Mahnschreiben zwar im IT-System des Versicherers befinde, sich aber nicht ausdrücklich an den Erklärungsempfänger – hier dem Versicherungsmakler – richte. Werde die Mahnung nur an den Versicherungsnehmer adressiert, könne ein Zugang an den Versicherungsmakler als Vertreter durch Hinterlegung in dem Maklerpool ohne ein entsprechendes Signal an diesen, nicht bewirkt werden.

Ob diese Auffassung auch zu folgen wäre, wenn der Makler umfassend mit allen Fragen der Vertragsabwicklung betraut und die Einziehung der Versicherungsprämie Im Wege des sog. Maklerinkassos vereinbart ist, konnte für den erkennenden Senat dahinstehen, da im vorliegenden Fall das sog. Direktinkasso – der Einzug der Prämie unmittelbar beim Versicherungsnehmer – unstreitig vereinbart war. In diesem Fall dürfe der Versicherungsnehmer aber berechtigterweise annehmen, dass der gesamte, den Prämieneinzug betreffende Schriftverkehr unmittelbar mit ihm geführt wird und er nicht mit Einstellung eines Schreibens in ein elektronisches Portal in Verzug gerät, auf das allein sein Makler Zugriff hat.

Der Senat führt zudem aus, dass auch der vorliegende Maklerauftrag dahingehend auszulegen sei. So sei der Makler zwar zum Empfang von Kündigungserklärungen ermächtigt, nicht aber zur Entgegennahme von qualifizierten Mahnungen. Die Einstellung in das Maklerportal diene insofern nur der Information des Maklers, führe aber nicht zur Herbeiführung der mit dem Zugang einer qualifizierten Mahnung verbundenen Rechtsfolgen.

Fazit/Zusammenfassung

Versicherungsvermittler sind oftmals an elektronische Portale von Versicherungsunternehmen angebunden, worüber sie generelle Vertragsinformationen, Stornogefahrmitteilungen aber auch Mahnschreiben erhalten. Aus diesem Grund kommt dem Urteil eine große praktische Bedeutung zu. Insbesondere bei Vereinbarung eines Maklerinkassos könnten sich haftungsrechtliche Fragen für Versicherungsmakler ergeben, wenn ein qualifiziertes Mahnschreiben im elektronischen Portal des Versicherungsunternehmens hinterlegt wird und der Versicherungsmakler hiervon keine Notiz nimmt.

Sprechen Sie uns bei Rückfragen zum besprochenem Urteil gerne unter der Telefonnummer: 0221 – 914 08 980 oder per E-Mail an: info@euforma.eu

Wir leiten Sie gerne an unsere Partnerkanzlei ‚Brinkmann Rechtsanwälte‘ weiter.

Autor: Sven Deppermann

Rechtsanwalt

Mehr über den Autor